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Deutschland befürwortet Standardisierung von OOXML

2. September 2007 von Christian Imhorst

Das Deutsche Institut für Normung (DIN) wird die Übernahme des neuen Dokumentenformats von Microsoft, Office Open XML (OOXML), als internationale Norm unterstützen. In freiesMagazin 08/2007 hatten wir für die Unterschriftenkampagne der „Foundation For A Free Information Infrastructure“ (FFII) geworben, die gegen die Standardisierung dieses Formats protestiert, da mit dem Open Document Format (ODF) bereits ein offenes Dateiformat anerkannt wurde [1]. Nach einer Mitteilung des DIN [2] soll nach ausführlicher und konstruktiver Diskussion die Annahme von OOXML mit Kommentaren zugestimmt werden.

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung fordert der Linuxverband eine pragmatische Auseinandersetzung [3] mit der möglichen ISO-Standardisierung von Microsofts Dateiformat. So sagt der Vorsitzende Elmar Geese, dass man sich wohl auf mehrere Standards einrichten müsse. „Gerade Anwendersoftware wie Office-Pakete definieren sich über Funktionalität und Features, die letztendlich auch ihren Ausdruck in Dateiformaten finden, da ist eine gewisse Vielfalt nichts Ungewöhnliches.“ Die 6000 Seiten starke OpenXML-Spezifikation hält Geese für nicht vollständig implementierbar. Selbst von Microsoft werde es kein einzelnes Produkt geben, das dies leiste. Allerdings müsse man davon ausgehen, dass OOXML durch Microsofts Lobbyarbeit zum ISO-Standard werde. „Sicherlich bedeutet die deutsche Haltung nicht, dass OOXML den Weg zur ISO-Standardisierung bereits geschafft hat, dennoch halte ich es für wichtig, neben der Fundamentalopposition auch andere Wege aufzuzeigen“, so Geese. Auch wenn die Sinnhaftigkeit von OOXML zweifelhaft sei, stelle es gegenüber den vormaligen Binärformaten wenigsten insoweit einen Fortschritt dar, dass es analysierbar und besser integrierbar sei. Als gelebter Standard mache es jedoch keinen Sinn, da es de facto lediglich von einem Unternehmen kontrolliert würde.

Mahner wie Jörg Luther, der Chefredakteur des LinuxUser-Magazins [4], sehen im möglichen „ISO-Ritterschlag“ von OOXML das bewährte Konzept „Embrace, extend, extinguish“ (Mitmachen, Erweitern, Auslöschen) von Microsoft aufgehen. Bereits 1998 empfahl eine interne Studie für ranghohe Microsoft-Manager, die später Eric Raymond zugespielt und von ihm als „Halloween-Dokument“ [5] veröffentlicht wurde, dass Microsoft seine Marktmacht ausnutzen solle, um die offenen Standards der Open Source-Szene zu untergraben. Zum Schein solle man auf sie einschwenken, um dann eigene, proprietäre Zusätze hineinzubringen, so dass nur noch Microsoft-Produkte mit diesen erweiterten „Standards“ funktionieren würden. Für OOXML heißt das aktuell, dass man ein XML-basiertes Dokumentenformat nimmt und um proprietäre und plattformabhängige Features erweitert. Das selbsternannte „offene Format“ wird standardisiert und verbreitet. Allein die eigene Marktmacht, so das Kalkül, sorgt dann für den Untergang der konkurrierenden, wirklich offenen Standards.

Links
[1] http://www.noooxml.org
[2] http://www.din.de/cmd?level=tpl-artikel&cmstextid=64985
[3] http://www.linux-verband.de/Home-News-Single-Ansicht.305+M598a1ef1db8.0.html?&tx ttnews[backPid]=19&tx ttnews]=397
[4] http://www.linux-user.de/ausgabe/2007/08/003-editorial/index.html
[5] http://www.catb.org/~esr/halloween/

Geschrieben in freiesMagazin