Daten|teiler
Kopieren als Kulturtechnik

Das kleine Scheitern – Warum man Linpus Linux nicht sinnvoll nutzen kann

7. Dezember 2008 von Christian Imhorst

Dieser Artikel ist erstmals erschienen im freiesMagazin 12/2008, das man als PDF herunterladen kann.

Linpus ist eine leichtgewichtige Linux-Distribution auf der Basis von Fedora. Nach eigenen Angaben [1] gehören sie mit zu den Big Playern im Open-Source-Geschäft und halten mehr als 80 Prozent des Marktanteils unter den Linux-Distributoren in Taiwan. Linpus finanziert sich hauptsächlich durch den Verkauf einer kostenpflichtigen Server-Variante, die man nicht herunterladen kann. Außerdem wird Linpus Linux von Herstellern wie Acer, Norhtec oder AIRIS zusammen mit ihren Netbooks verkauft.

Die kleine Schwester des Linpus Linux Desktops ist die Lite-Version für Ultra Mobile PCs (UMPCs) wie das Netbook Aspire One von Acer. Besonders durch das Aspire One verbreitet sich Linpus immer mehr auch in Deutschland. Allerdings unterscheiden sich Design und Software-Auswahl auf dem Netbook von der frei verfügbaren Variante. Wer die LiveCD einmal ausprobieren möchte, kann sie mittlerweile in annehmbarer Geschwindigkeit von der Linpus-Seite herunterladen [2]. Die Lite-Variante liegt zurzeit in der Version 9.4 vor und ihre besonderen Fähigkeiten wurden bereits in „Linpus Linux Lite – Ein Betriebssystem für mobile Computer“ in freiesMagazin 07/2008 [3] besprochen: Es gibt zwei Oberflächenmodi, einen einfachen und einen erweiterten Modus. Der einfache eignet sich sehr gut für kleine Bildschirme, wie sie zum Beispiel bei Netbooks vorkommen. Der erweiterte zeigt den schlanken Xfce-Desktop. Zusätzlich soll die leichtgewichtige Variante auf Festplatte installiert mit den Mindestanforderungen einer 366 Mhz CPU, 128 MB RAM und Festplattenplatz von ca. 512 MB auskommen. Auf einem frisch installiertem Linpus zeigt df -h allerdings 775 MB an [4].

Leider ist es nach der Installation auf Festplatte unter Linpus mühselig, an neue Programme zu kommen. Anders als bei der Version auf dem Aspire One, unter der man mit dem Paketmanager YUM bzw. durch seine grafische Oberfläche Pirut neue Software installieren oder das System upgraden kann, ist das beim installierten Linpus Lite nicht vorgesehen. Die Paketquellen für APT und Synaptic laufen ins Leere bzw. sind gar nicht vorhanden. Die Dateien mit den Repositories, man kann sie an der Endung .list erkennen, liegen direkt im Ordner /etc/apt anstatt unter /etc/apt/sources. list.d, wo sie hingehören. Anfangs war es noch müßig, die Dateien an die entsprechende Stelle zu kopieren, weil die Repositories nicht existierten. Seit Ende August 2008 gibt es sie zwar, sie sind aber leer. Man kann nur hoffen, dass Linpus diesen Zustand bald ändert. Der Paketmanager YUM ist gar nicht installiert. Da Linpus Linux bekanntlich ein angepasstes Fedora 8 ist, könnte man deren Repos nehmen. Dabei riskiert man allerdings nach dem Upgrade ein instabiles System mit unerfüllten Abhängigkeiten, besonders durch neue Pakete, die mit den bereits installierten älteren Versionen von Linpus in Konflikt stehen. Über den FTP-Server waren im Sommer 2008 noch angepasste RPM-Pakete erhältlich, die man nachträglich installieren konnte. Mittlerweile ist der FTP-Zugang mit einem Passwort geschützt. Nur die Quellpakete der Version für den Acer Aspire One sind noch erhätlich [5], können aber unter der installierten Lite-Version nicht kompiliert werden, weil das Paket rpm-build fehlt. Es lässt sich auch nicht manuell installieren, weil es eine Version für Linpus offiziell nicht gibt. Bei der Installation der Fedora-Version landet man in einer Abhängigkeitshölle [6].

Der große Bruder der Lite-CD ist Linpus Linux Desktop 9.6, der bei der frei herunterladbaren LiveCD eine GNOME-Oberfläche hat. Sehr neckisch ist übrigens der Desktop-Hintergrund, der mit fortschreitender Tageszeit wechselt und zwar in die Zustände Morgendämmerung, Vormittag, Mittag, Nachmittag, Abenddämmerung, Abend und Nacht. Außerdem lässt sich das System sehr leicht über den Starter „Install to Hard Drive“ auf dem Desktop und dem anschließenden Installationsprogramm auf die Festplatte installieren. Der Softwareumfang ist dagegen noch trauriger als bei der Lite-Version bzw. fast gar nicht vorhanden, da grundlegende Programme wie Browser, Office-Anwendungen und Grafikwerkzeuge komplett fehlen. Auch hier kann man die vermisste Software nicht so einfach nachinstallieren. Das Paketverwaltungsprogramm APT ist zwar wieder vorhanden, ebenso die grafische Oberfläche Synaptic, allerdings existieren keine Paketquellen für die Version 9.6. Da, wie gesagt, der FTP-Server mittlerweile passwortgeschützt ist, kann man auch hier nur auf Software von Fedora 8 zurückgreifen, um zum Beispiel einen Webbrowser wie Firefox 2 zu installieren [7].

Neue Software einfach nachzuinstallieren ist bei Linpus zur Zeit nicht vorgesehen, und das scheint sich in naher Zukunft auch nicht zu ändern. Damit ist die Distribution in der frei verfügbaren Variante für den alltäglichen Gebrauch leider absolut ungeeignet. Da das Unternehmen hinter Linpus eher auf OEM-Abkommen setzt, als eine offene Entwicklung zu betreiben, lässt sich die OEM-Version von Linpus Linux auf dem Acer Aspire One ein bisschen leichter handhaben, aber allzu groß sind die Unterschiede leider nicht.

Links

1. http://www.linpus.com/about.php
2. http://www.linpus.com/03_download_01.html
3. http://www.freiesmagazin.de/freiesMagazin-2008-07
4. http://www.imhorst.net/linpus-linux-lite-installieren/
5. http://ftp.twaren.net/Linux/Linpus/Aspire_One_Linpus_Linux/Aspire_One_Srpms/
6. http://www.imhorst.net/linpus-linux-lite-einrichten/
7. ftp://download.fedora.redhat.com/pub/fedora/linux/releases/8/Fedora/i386/os/Packages/

Geschrieben in freiesMagazin