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Ice, Ice, Buntu

25. Juni 2007 von Christian Imhorst

Die Minimalinstallation, Teil 2


Dieser Artikel ist erstmals erschienen im
freiesMagazin 05/2007 Mai. Ausgabe 05/2007 als PDF herunterladen. Artikel als PDF herunterladen.


Wenn die Minimalinstallation aus dem ersten Teil geklappt hat, verfügt man nun über ein System, das zu einer Firewall, einem Webserver oder — mit anderen Rechnern im Verbund — zu einem Super-PC-Cluster á la Google ausgebaut werden kann. Nur: Wer will das? Schließlich kann man auch einen schlanken Fenstermanager wie IceWM installieren und den Computer als Desktop-PC nutzen. Mit Icebuntu gibt es außerdem ein wunderschönes Motiv, mit dem IceWM genauso schick aussehen kann wie die „großen“ Geschwister KDE und GNOME.

Als schlanker Fenstermanager für Linux verursacht IceWM weniger Speicher- und CPU-Auslastung als zum Beispiel XFCE, der Desktop von Xubuntu. IceWM fühlt sich dabei besonders auf älteren Systemen, die wenig Performance besitzen, zu Hause oder auf jüngeren, von denen der Benutzer meint, dass die Rechenpower für etwas Sinnvolleres als für eine graphische Oberfläche verwendet werden kann. Eine dritte Gruppe mag IceWM vielleicht, weil es an das Look and Feel von Windows 95 erinnert, was ihnen den Umstieg von Windows zu Linux erleichtert.

Vom hässlichen Entlein IceWM

Ich gehe davon aus, dass ein Minimalsystem installiert wurde und dass Universe und Multiverse in der Datei /etc/apt/sources.list freigeschaltet sind, so wie im ersten Teil (freiesMagazin 04/2007) beschrieben. Dann folgt eine kleine Installationsorgie:

sudo apt-get install icewm icepref iceme x-window-system-core ivman 
xfce4-terminal rox-filer xscreensaver 

Dabei ist icewm unser Fenstermanager, mit icepref und iceme, zwei graphischen Konfigurationstools. Dann folgt mit x-window-system-core das Metapaket für das X Window System, das installiert werden muss, damit eine graphische Benutzeroberfläche überhaupt angezeigt werden kann. Als Konsole kann man das Terminal von XFCE benutzen, da es auf den meisten älteren Rechnern noch schnell genug sein sollte, rox-filer als Dateimanager, xscreensaver als Bildschirmschoner und ivman zum automatischen Einbinden von Wechseldatenträgern. Wenn die Installation fertig ist, kann man sich mit startx in IceWM einloggen. Was man jetzt sieht, ist schäbig, wird aber sofort verschönert.

Zum schönen Schwan Icebuntu

Zuerst sollte man ein bisschen unter der Haube schrauben. IceWM kann über Textdateien oder über graphische Werkzeuge konfiguriert werden. Dazu einfach die Windows- und Leertaste gleichzeitig drücken, alternativ ist auch Strg + Alt + Leertaste möglich, und im geöffneten Run Command-Dialog in der Toolbar icepref eingeben. Hier sollte man einen Haken im Menü Menus track mouse even with no mouse buttons held im Karteireiter Behaviour setzen, damit man nicht die ganze Zeit die Maustaste gedrückt halten muss, wenn man im Startmenü unterwegs ist. Im selben Reiter sollte man die Häkchen bei Opaque window move und Opaque window resize herausnehmen, da es weniger Rechenleistung verbraucht, wenn beim Verschieben eines Fensters nur die Linien des Fensterrahmens zu sehen sind und nicht das ganze Fenster in Echtzeit verschoben wird. Alle weiteren Einstellungen können erstmal so bleiben. Wichtig für uns sind noch die Reiter Background, um später ein Hintergrundbild zu setzen, falls man auf ROX-Filer verzichtet, und Taskbar, wo man wie in GNOME die Taskbar on top of the screen setzen kann. Das Startmenü kann man übrigens mit dem Tool iceme bearbeiten.

Aussehen und Verhalten von IceWM können auch mit einem Texteditor gesteuert werden, indem man die entsprechenden Dateien im Ordner .icewm bearbeitet. In der Datei keys kann man zusätzliche Tastenkürzel definieren, in menu bearbeitet man den Inhalt des Startmenüs, preferences regelt das gesamte Verhalten des Fenstermanagers, toolbar die Icons in der Taskleiste und mit winoptions kann man einzelnen Programmen ein bestimmtes Verhalten zuweisen. Mehr dazu findet man im IceWM-Artikel im Wiki von ubuntuusers.de [1].

Jetzt fehlt nur noch das Icebuntu-Motiv von Ilya Yakubovich, das man sich unter [2] herunterladen kann. Um das Thema zu installieren, muss man zuerst den Ordner themes im Verzeichnis .icewm anlegen

mkdir -p ~/.icewm/themes

und icebuntu-default-2.0.tar.gz dorthin entpacken:

tar xfz icebuntu-default-2.0.tar.gz -C ~/.icewm/themes

Ganz wichtig: Die Datei muss für den Benutzer beschreibbar sein, was man durch

chmod a+w ~/.icewm/* 

erreicht. Jetzt kann man es im Startmenü unter Motive mit einem Klick auswählen.

Für Desktop-Icons lädt man den Dateimanager ROX-Filer beim Start von IceWM mit entsprechendem Parameter. Dafür legt man die Datei ~/.icewm/startup an und, da man gerade dabei ist, kann man auch gleich xscreensaver und ivman zum Start in die Datei eintragen:

rox -p=Desktop & 
xscreensaver -nosplash & 
ivman-launch &

Die Datei muss dann noch ausführbar gemacht werden:

chmod +x startup

Als Wallpaper für den Desktop kann man zum Beispiel „Ubuntu Glass“ [3] verwenden. Sollte man auf ROX-Filer als Desktop-Hintergrund verzichten, muss man die Bilddatei in icepref auswählen, wie weiter oben beschrieben. Beim ROX-Filer ändert man den Hintergrund, indem man mit einem Rechtsklick auf eines der Desktop-Icons das Menü aufruft, den Punkt Backdrop. . . auswählt und eine Bilddatei in das Backdrop-Fenster zieht.

Finetuning

Um GTK2 und ROX-Filer ein bisschen mehr aufzuhübschen, braucht man noch GTK2-Motive und Icons aus dem Ubuntu-Artwork.

sudo apt-get install ubuntu-artwork gtk-theme-switch

Mit dem Befehl switch2 im Terminal kann man das Human-Thema für GTK2-Anwendungen auswählen. Für GTK1 konnte ich leider kein entsprechendes Thema ausmachen, weshalb ich gtk-engines-industrial installiert und mit dem Befehl switch ausgewählt habe.

Wenn man das Artwork im ROX-Filer benutzen möchte, stellt man das Human-Thema nach einem Rechtsklick auf das geöffnete Dateimanagerfenster im Kontextmenü unter Options und Typen ein.

Automatisch einloggen

Bislang muss man noch den Befehl startx eingeben, um IceWM nach dem Einloggen zu starten. Damit das automatisiert geschieht, kann man startx in die Datei ~/.bash_profile eintragen. Falls man gerade zu faul ist, einen Texteditor zu starten, reicht eine Zeile im Terminal aus, um den Befehl ans Ende der Datei .bash_profile anzufügen:

echo 'startx' >> ~/.bash_profile

Wenn man auch auf das manuelle Einloggen verzichten möchte, braucht man das Paket rungetty. Sofern man Edgy oder aufwärts benutzt, muss man nach der Installation die Datei /etc/event.d/tty1 bearbeiten. Seit Edgy werden wegen upstart, ein von Ubuntu-Entwicklern eingeführter und vollständiger Ersatz für Init, die Runlevel in /etc/event.d definiert. In älteren Ubuntu-Versionen muss die Datei /etc/inittab entsprechend bearbeitet werden. Den Eintrag für die erste Konsole

respawn /sbin/getty 38400 tty1

ändert man in

respawn /sbin/rungetty tty1 -u root -- login -f BENUTZERNAME

Anstatt getty, das für jede Konsole einfach nur login startet, wird rungetty aufgerufen, das mehr kann: Zum Beispiel login mit den Parametern für Benutzernamen und für das Überspringen
der Passwortabfrage aufzurufen.

Da IceWM auf Geschwindigkeit und Flexibilität hin programmiert wurde, eignet es sich besonders zur Installation auf älteren Rechnern. Allerdings sollte man hier ein paar Regeln beachten: Zum Beispiel haben ältere Rechner meistens einen geringen Graphikspeicher, so dass man eine Farbtiefe von 16 Bit anstatt der üblichen 24 Bit in der Datei /etc/X11/xorg.conf auswählen sollte. Außerdem sollte man auf einen Loginmanager wie GDM oder KDM verzichten, da sie zu viel Arbeitsspeicher in Beschlag nehmen. Darüberhinaus sollte man kleine Programme verwenden, die die Ressourcen schonen, wie XMMS für Musikdateien, MPlayer für Filme (soweit das überhaupt möglich ist), XPDF als Betrachter für PDF-Dokumente, TEX-Maker zum Erstellen von LATEX-Dokumenten, Leafpad als Texteditor, xzgv als Bildbetrachter und als schlanken Browser Swiftfox oder, noch besser, Dillo. Aber zu Dillo ein anderes Mal mehr.

Links:
[1] http://wiki.ubuntuusers.de/IceWM
[2] http://freshmeat.net/redir/icebuntu/64282/url_tgz/icebuntu-default-2.0.tar.gz
[3] http://rmorg.org/random/ubuntuLogo/UbuntuLogo1.jpg

Geschrieben in freiesMagazin