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Kopieren als Kulturtechnik

Ausgebrochen — Das iPhone nach dem Jailbreak

9. März 2009 von Christian Imhorst

Erst der Jailbreak macht das Herz des Unix-Users froh. — Zen-Spruch

Nachdem man Apples Handy von seinen lästigen Beschränkungen befreit hat, kann man endlich damit Anfangen, die ganze phantastische Open Source Software zu benutzen. Dabei hilft das Programm Cydia von Jay „saurik“ Freeman, das ähnlich wie der App Store funktioniert, aber vor allem Freie und Open Source Software anbietet, wie die Gnu-Tools, Bash und GCC, aber auch einen Terminal-Emulator, Scriptsprachen von Python über Java bis Ruby und, wer es braucht, etliche Klingeltöne und Themes. Das ist aber nur ein kleiner Ausschnitt aus dem riesigen Repository.

Suche nach Gnu-Programmen in Cydia

Das iPhone 3G ist ein kleiner Computer mit einem 412 MHz Prozessor, 128 MB Arbeitsspeicher und 8 GB Flash. Das Betriebssystem ist ein angepasstes Mac OS X mit BSD-basierten Programmen und Darwin-Kernel. Warum sollte man das iPhone also nur als SmartPhone benutzen, wenn es alle Bedingungen für eine Unix-Workstation mitbringt? Aus diesem Grund hat saurik das Telesphoreo-Projekt gegründet. Telesphoreo ist ein altes griechisches Wort für Fruchtreife oder Veredelung von Früchten wie Äpfeln. Für die Installation der Gnu- und BSD-Software hat er den Paketmanager APT von Debian Gnu/Linux auf das iPhone portiert. Daher ist es auch möglich, z.B. den Befehl apt-get update im Terminal des iPhones aufzurufen und mit apt-get install weitere Software zu installieren. Doch saurik hat auch noch die Zeit gefunden, die grafische Oberfläche Cydia für das SpringBoard des iPhones zu installieren. Cydia pomonella ist übrigens der biologische Name des Apfelwicklers, einem Nachtfalter dessen Raupen unter anderem auch in Äpfeln leben. Cydia und weitere Software, wie ein BSD-System, werden mit dem Jailbreak automatisch auf das iPhone installiert.

Für den Jailbreak benötigt man iTunes. Da es iTunes aber vermutlich nie direkt für Gnu/Linux geben wird, und die Installation der Windows-Version von iTunes 8.0.2 mit Wine immer noch Probleme bereitet, braucht man als Linux-Nutzer entweder einen Mac, einen PC mit einem aktuellen Windows oder VirtualBox ab Version 2.1, um Windows XP zu installieren. Bei den Versionen vor 2.1 werden von VirtualBox keine USB-Geräte unterstützt, was für den Jailbreak aber wichtig ist, da das iPhone über das USB-Kabel mit iTunes verbunden sein muss.

Howto: Wie installiert man VirtualBox 2.2 unter Ubuntu?

Zuerst muss man die Datei etc/apt/sources.list bei „Jaunty“ um folgende Zeile erweitern

deb http://download.virtualbox.org/virtualbox/debian jaunty non-free

Bei „Hardy Heron“ tauscht man einfach jaunty durch hardy aus. Natürlich kann man die neuen Paketquellen auch in Synaptic hinzufügen.

Anschließend besorgt man sich den öffentlichen Schlüssel von Sun, mit dem die Software signiert ist,

wget -q http://download.virtualbox.org/virtualbox/debian/sun_vbox.asc 
-O- | sudo apt-key add -

führt das Update aus und installiert VirtualBox:

sudo apt-get update && sudo apt-get install dkms virtualbox-2.2

Danach muss man sich als Benutzer noch der Gruppe vboxusers hinzufügen:

sudo adduser $USER vboxusers

Wenn das erledigt ist, kann man die alte Windows XP-Lizenz entstauben und erst das Betriebssystem und anschließend das aktuellste iTunes installieren.

Bevor man das iPhone mit iTunes in VirtualBox synchronisieren kann, sollte man folgende Reihenfolge beim Start beachten: Erst das iPhone unter Ubuntu anschließen, dann bei der Nachfrage, was man mit dem neu erkannten USB-Gerät machen möchte, auf „Aushängen“ klicken und anschließend Windows XP und iTunes starten. Dann etwas abwarten, da es manchmal eine kleine Weile dauern kann, bis das iPhone in iTunes auftaucht.

Nach der ersten Synchronisierung und gleichzeitiger Datensicherung kann man mit dem Jailbreak beginnen. Dazu gibt es eine gute Anleitung auf Apfel-Talk. Allerdings hatte ich Probleme, das Jailbreak in der Virtualbox durchzuführen und bin wieder auf das iBook gewechselt, wobei es theoretisch funktionieren sollte. Auch wenn die Hacker vom iPhone-Dev-Team mit Quickpwn ein Programm geschaffen haben, das sehr leicht zu bedienen ist, und wenn man beim Jailbreak im Prinzip auch nichts kaputt machen kann, sollte man sich doch im Vorfeld einen tieferen Einblick in den Jailbreak verschaffen, da niemand dafür haftet, wenn etwas schief geht, z.B. wenn am Ende alle persönliche Daten verloren sind. Illegal ist der Jailbreak aber nicht. Da das iPhone normaler Weise einem selbst gehört, kann man damit auch machen, was man will: aufbohren, aufschrauben, verlöten oder ein anderes Betriebssystem aufspielen.

Nachdem man das iPhone Dank einer aktiven Open Source-Gemeinschaft in eine kleinen Unix-Workstation verwandelt hat, kann das Abenteuer beginnen. Vermutlich wird besonders Python die Möglichkeit für viele kleine Skripte eröffnen, die die Funktionalitäten des iPhones nochmal um ein vielfaches erweitern werden. Weitere Vorteile sind ein SSH-Zugriff, Synchronisation mit Amarok, erweiterte Bluetooth-Funktionen mit iBluetooth, ein Clippboard und so fort. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es allerdings: nach jedem Firmwareupdate muss der Jailbreak erneut ausgeführt werden und die zusätzlichen Anwendungen aus Cydia sind dann gelöscht. Das Programm „AptBackup“ kann zwar nach einem erneuten Jailbreak die Programme aus Cydia wieder neu installieren, aber alle Einstellungen oder selbst geschriebene Skripte wären verloren.

Geschrieben in MacOS X und iPhone